(dmb) „Wir fordern die Ampel-Koalition auf, die im Koalitionsvertrag vereinbarten Mieterschutzregelungen nicht weiter aufzuschieben, sondern endlich umzusetzen. In Anbetracht der hohen Wohnkostenbelastung von Mieterinnen und Mietern, gestiegenen Energiepreisen und der steigenden Mieten im Bestand sowie bei Wieder- und Neuvermietung ist ein wirksamer Mieterschutz dringend geboten“, fordert die Bundesdirektorin des Deutschen Mieterbundes, Dr. Melanie Weber-Moritz.
Auch in Sachsen sehen wir in zunehmendem Maße überforderte Mieterhaushalte. Neben steigenden Lebenshaltungskosten und historisch hohen Energiekosten werden Kaltmieten weiter erhöht – und dies nicht nur in Sachsens Großstädten. Eine Welle von Mieterhöhungen im Bestand und die Umgehung der Mietpreisbremse bei Neuvermietung zeigen, dass dringender Handlungsbedarf gegeben ist, so Anke Matejka, Vorsitzende des Deutschen Mieterbundes - Landesverband Sachsen.
Die Wohnungskrise in Deutschland spitzt sich weiter zu. In Deutschland werden allein 2023 laut einer vom Mieterbund und anderen Organisationen in Auftrag gegebenen Studie mehr als 700.000 Wohnungen fehlen – vor allem Sozialwohnungen und bezahlbare Mietwohnungen. 2021 wurden weniger als 300.000 Wohnungen fertiggestellt, für 2022 und 2023 sehen die Prognosen noch einmal deutlich geringere Fertigstellungszahlen vor. 400.000 Wohnungen wollte die amtierende Bundesregierung jährlich neu bauen, davon 100.000 Sozialwohnungen. Dieses Vorhaben ist bislang gescheitert.
Nicht nur in fast allen Großstädten, den Universitätsstädten und inzwischen auch in vielen Mittelstädten hat die Wohnkostenbelastung für Haushalte mit niedrigen und mittleren Einkommen unzumutbare Ausmaße angenommen. In Deutschland wohnen etwa 53 Prozent der Haushalte zur Miete. Laut einer aktuellen Studie des Öko-Instituts gehört etwa die Hälfte dieser Haushalte, rund 12 Millionen, zu den untersten drei Einkommensklassen. Zudem ist jeder dritte Mieterhaushalt und damit über 7 Mio. Haushalte in Deutschland durch seine Wohnkosten überlastet, 3,1 Millionen Haushalte geben für ihre Kaltmiete inklusive Heizkosten sogar mehr als 40 Prozent ihres Einkommens aus.[1]
Der Druck auf den Mietwohnungsmarkt ist enorm. Nicht nur die Angebotsmieten bei Neu- und Wiedervermietung steigen aktuell, z.B. in Berlin um 27 Prozent zweistellig, sondern auch die Bestandsmieten im Mietspiegel – zuletzt in München um 21 Prozent. Neben den Metropolen sind besonders auch die Angebotsmieten in ländlichen Wohnungsmärkten, auch in Sachsen (Plus 4,1 Prozent), Brandenburg (Plus 9,1 Prozent) und Mecklenburg-Vorpommern (Plus 10,3 Prozent), betroffen. „Die aktuellen und flächendeckenden Mietpreissteigerungen zeigen eindeutig: Wir brauchen mietrechtliche Reformen mehr denn je, stattdessen erleben wir eine unzumutbare Blockadehaltung des zuständigen FDP-Justizministers Buschmann. Unsere mietrechtlichen Forderungen, u.a. nach einem bundesweiten Mietenstopp, waren nie dringender als jetzt, sind mit der FDP in der Ampel aber zurzeit nicht mehrheitsfähig. Dass selbst die Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag zum Mieterschutz noch nicht umgesetzt wurden, liegt ganz offenkundig an der Blockadehaltung der FDP und zeigt, dass Bundesjustizminister Buschmann die Sorgen der Mieterinnen und Mieter nicht ernst nimmt. Ein politischer und sozialer Offenbarungseid“, kritisiert Weber-Moritz.
In Sachsen wurden 2022 lediglich 557 Sozialwohnungen fertiggestellt. Davon entfallen auf Dresden 297 und 260 auf Leipzig. Die Landkreise und Kommunen haben bis 2025 einen zusätzlichen Bedarf von 11.940 Sozialwohnungen angemeldet. Mit den derzeitigen Förderungen von Bund und Land ist das nicht zu schaffen!
Bezahlbarer Wohnraum wird immer knapper und die Mietpreisspirale dreht sich stetig weiter. Seit mehr als 4 Jahren wird in Sachsen z.B. über eine Zweckentfremdungs-verordnung diskutiert. Unverständlich für Anke Matejka, denn mit einer entsprechenden Verordnung könnte in Städten mit angespannten Wohnungsmärkten verhindert werden, dass potentielle Mietwohnungen zunehmend als Ferienwohnungen vermietet werden.
Im Mittelpunkt der heute auf dem 17. Sächsischen Mietertag in Leipzig präsentierten Forderungen stehen zum einen die im Koalitionsvertrag enthaltenen Maßnahmen zur Absenkung der Kappungsgrenzen für Mieterhöhungen in angespannten Wohnungsmärkten, die Verlängerung der Mietpreisbremse und des Betrachtungszeitraums bei der Erstellung von Mietspiegeln sowie die Verbesserung des Kündigungsschutzes bei Schonfristzahlungen. Darüber hinaus fordert der Deutsche Mieterbund mit Blick auf die zugespitzte Lage von Millionen Mietenden in Deutschland die folgenden weitergehenden Schutzmaßnahmen:
- Die Umsetzung eines zeitlich befristeten Mietenstopps, um Mieterhaushalte nicht noch weiter finanziell zu überfordern.
- Die Mietpreisbremse muss deutlich nachgeschärft werden und bundesweit gelten. Ihre Ausnahmen und Umgehungen, wie z. B. bei möbliertem Wohnraum oder Kurzeitvermietung, müssen begrenzt werden und die Mietpreisüberhöhung ist effektiver zu bekämpfen.
- Indexmietverträge müssen bei Neu- und Wiedervermietungen gesetzlich ausgeschlossen werden und für laufende Indexmietverträge ist eine Kappungsgrenze einzuziehen.
- Ein Kündigungsmoratorium, das sicherstellt, dass niemandem gekündigt werden darf, der wegen stark gestiegener Heiz- und Warmwasserkosten seine Betriebskostenabrechnung oder die hohen Preisanpassungen nicht fristgerecht bezahlen kann.
Die Forderung nach mehr bezahlbarem Wohnraum darf nicht gegen den Mieterschutz im Bestand ausgespielt werden, denn beides wird gebraucht. Die ohnehin schon zugespitzte Lage von Millionen Mieterinnen und Mietern erfordert eine dringende Stärkung des Mieterschutzes.
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[1] Öko-Institut (2023): Wohn- und Energiekostenbelastung von Mietenden. Studie für den Deutschen Mieterbund, Link.
Dr. Jutta Hartmann
Littenstraße 10
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