Anhörung im Bundestag: Mieterbund fordert Recht zum Wohnungstausch
(dmb) „Ein gesetzlicher Anspruch auf Wohnungstausch würde die Situation für Mieterinnen und Mieter erheblich verbessern und könnte zumindest teilweise für die dringend benötigte Entlastung auf dem Wohnungsmarkt sorgen“, erklärt Franz Michel, Leiter für Wohnungs- und Mietenpolitik beim Deutschen Mieterbund (DMB), im Rahmen der Anhörung im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages zum Antrag der Fraktion die Linke „Recht auf Wohnungstausch einführen" (BT-Drs. 20/6714). „Bezahlbare Wohnungen stehen fast gar nicht zur Verfügung. Alternativen wie Wohnungstausch gewinnen daher zunehmend an Bedeutung, das Potential dafür ist gerade in Ballungsräumen riesig. Bisher gibt es keine rechtlichen Regelungen oder gar einen Rechtsanspruch für den Wohnungstausch“, so Michel.
Ein Wohnungstausch ist nur dann zulässig, wenn alle Mietvertragsparteien damit einverstanden sind. Ein Wohnungstausch ohne vorherige Genehmigung des Vermieters oder der Vermieterin berechtigt sogar zur fristlosen Kündigung des Mietvertrages. Sowohl beim Tausch durch Vertragseintritt als auch beim Neuabschluss von Verträgen steht es Vermietenden frei, die Bedingungen des Vertrages zu verändern. So können sie beispielsweise die Zustimmung zum Tausch auch von einer höheren Miete abhängig machen. Einen Anspruch auf einen Tausch, eine bestimmte Miete oder unveränderte Vertragsbedingungen haben Mieter:innen bisher nicht.
Laut Statistischen Bundesamt lebten 2021 rund 8,6 Millionen Menschen und damit 10,5 Prozent der Bevölkerung in Deutschland in überbelegten Wohnungen. Als überbelegt gilt eine Wohnung, wenn sie über zu wenige Zimmer im Verhältnis zur Personenzahl verfügt. Bei der Bevölkerung in Haushalten mit Kindern lag die Überbelegungsquote 2021 sogar bei 15,9 Prozent. Darunter besonders betroffen waren Menschen in Haushalten, in denen zwei Erwachsene mit mindestens drei Kindern zusammenwohnten (30,7 Prozent), gefolgt von Alleinerziehenden und deren Kindern (28,4 Prozent). Die Überbelegungsquoten machen laut Deutschen Mieterbundes deutlich, dass Wohnraum vor allem in Städten knapp ist. So war der Anteil der Menschen in überbelegten Wohnungen in größeren Städten mit 15,5 Prozent fast doppelt so hoch wie in Vororten und kleineren Städten (8,6 Prozent) und drei Mal so hoch wie in ländlichen Gebieten (4,9 Prozent).
Laut einer aktuellen Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) leben etwa 6 Prozent der Mieterhaushalte in Großstädten in beengten Verhältnissen. Neben Familien sind vor allem Haushalte mit Migrationshintergrund betroffen. So lebten im Jahr 2020 ein Drittel der Familien in überbelegten Wohnungen, bei den Haushalten mit direktem Migrationshintergrund waren es ein Fünftel. Wegen der hohen Mieten können sich viele Familien einen Umzug in eine größere Wohnung nicht leisten.
Gleichzeitig wohnen ebenfalls sechs Prozent der Mieterhaushalte in großzügigen Wohnungen. Als großzügig gilt eine Wohnung, wenn die Zahl der Räume die der Bewohner um drei übertrifft – also etwa bei einem Single in einer Vier-Zimmer-Wohnung. Dies trifft insbesondere auf ältere Haushalte zu, so leben 9 Prozent der Haushalte mit einem Haushaltsvorstand über 70 Jahre in sehr großzügigen Wohnungen.
Der Deutsche Mieterbund fordert seit längerem eine rechtliche Verankerung der Option zum Wohnungstausch. Bereits heute sind die Portale großer Immobilienbörsen mit zahlreichen Tauschwohnungen bestückt, die allerdings zahlreiche rechtliche Risiken bergen. Neben großen kommerziellen Anbietern gibt auch kommunale Anbieter von Wohnungstauschbörsen, z.B. in Berlin oder München. Ob Prämie oder Umzugshilfe, ob privates oder kommunales Tauschportal, die Gesamtzahl der erfolgreichen Tausche bleibt niedrig und kann die Probleme auf dem Wohnungsmarkt nicht lösen. Denn auf einen Haushalt, der sich verkleinern will, kommen fünf, die sich vergrößern wollen. Ein Blick nach Österreich zeigt, dass mehr Rechtssicherheit beim Wohnungstausch möglich und sinnvoll ist. Während es hierzulande kein gesetzliches Anrecht auf einen Wohnungstausch gibt, ist dieses im Nachbarland eindeutig geregelt. Es kann sogar in eine Genossenschafts- oder Privatwohnung getauscht werden. „Der zuständige Bundesjustizminister Buschmann muss jetzt handeln, indem er einen Anspruch auf Tausch von Wohnraum gesetzlich prüft und umsetzt. Wir haben dazu heute in der Anhörung konkrete Vorschläge gemacht“, so Michel.
Unsere Stellungnahme finden Sie hier.
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Dr. Jutta Hartmann
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