(dmb) „Das Urteil ist ein positives Signal für Mieter, die sich aus finanziellen Gründen gegen eine Modernisierungs-Mieterhöhung wehren müssen, wenn sie ihre Wohnung nicht verlieren wollen. Den Mietereinwand der finanziellen Härte, also der Unbezahlbarkeit der Wohnung nach der Modernisierung kann der Vermieter nicht einfach entgegenhalten, die Wohnung sei für den Mieter zu groß, er soll in eine kleinere, für ihn dann bezahlbare Wohnung ziehen. Bei der Abwägung der Mieter- und Vermieterinteressen spielt zwar auch die Wohnungsgröße eine Rolle, aber nicht die allein entscheidende“, kommentierte der Geschäftsführer des Deutschen Mieterbundes (DMB) Ulrich Ropertz die heutige Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH VIII ZR 21/19).
„Unklar und bisher nicht höchstrichterlich entschieden ist aber, wann überhaupt eine finanzielle Härte vorliegt, welchen Anteil des Haushaltseinkommens für die Mietzahlung zumutbar ist bzw. wie viel Geld zum Leben nach der Mietzahlung übrig bleiben muss.“
Im vorliegenden Fall hatte der Vermieter die oberste Geschossdecke und die Außenfassade dämmen, den Balkon auf 5 qm vergrößern lassen und einen schon stillgelegten Aufzug wieder in Betrieb genommen. Er errechnete für diese tatsächlichen und vermeintlichen Modernisierungen eine monatliche Mieterhöhung von 240,- Euro. Die neue Miete sollte damit über 800,- Euro betragen. Der Mieter einer 86 qm großen Wohnung, der hier schon seit seinem 5. Lebensjahr wohnte, erhält im Rahmen von ALG II zur Deckung der Wohnungsmiete einen Betrag von rund 463,- Euro. Er argumentierte, die Modernisierungs-Mieterhöhung sei für ihn eine finanzielle Härte und nicht finanzierbar. Schon das Landgericht Berlin gab ihm Recht und lehnte vor allem die Vermieterargumentation ab, der Mieter lebe in einer zu großen Wohnung, er könne ja umziehen in eine kleinere Wohnung, die könne er dann auch bezahlen.
Im Ergebnis folgte der Bundesgerichtshof jetzt der Argumentation des Landgerichts Berlin. Der Umstand, dass ein Mieter gemessen an seinen wirtschaftlichen Verhältnissen und seinen Bedürfnissen eine viel zu große Wohnung nutzt, sei zwar bei der Interessenabwägung zu berücksichtigen, nicht aber allein entscheidend. Der Sinn und Zweck der Härteregelung bei Modernisierungs-Mieterhöhung sei es, dem Mieter möglichst seinen Lebensmittelpunkt zu erhalten, wenn der Vermieter entscheidet im laufenden Mietverhältnis zu modernisieren und die Miete zu erhöhen. Die Gerichte müssen berücksichtigen, dass nicht nur der Vermieter, sondern auch der Mieter durch Artikel 14 des Grundgesetzes geschützt ist und sein Bestandsinteresse ausreichend berücksichtigt werden muss. Bei der Interessenabwägung sind neben der Wohnungsgröße auch die Verwurzelung des Mieters in der Wohnung und seine gesundheitliche Verfassung zu berücksichtigen. Als maßgeblichen Gesichtspunkt bezeichnete der Bundesgerichtshof den Umstand, dass der Mieter schon seit 1962 in der Wohnung lebt und ihm deshalb entgegen der Auffassung des Vermieters nicht vorgehalten werden kann, dass er schon seit Beginn des Mietverhältnisses „über seine Verhältnisse“ lebe.
Ropertz: „Letztlich ist die Entscheidung des Bundesgerichtshofs nur ein kleines „Puzzleteil“ im Modernisierungsrecht. Nach dem Gesetz entscheidet allein der Vermieter, wann, wie und in welchem Umfang modernisiert wird. Er kann 8 Prozent der Modernisierungskosten, höchstens 2 bzw. 3 Euro pro Quadratmeter auf die Monatsmiete aufschlagen. Derartige Mietsteigerungen von 20, 30 oder gar 40 Prozent sind für viele Mieter nicht bezahlbar.
Instandsetzung-(Reparatur-) oder Instandhaltungskosten dürfen nicht in die Modernisierungskosten einbezogen, müssen herausgerechnet werden. Die Grenze zwischen Modernisierung und Instandsetzung aber ist fließend. Klare Kriterien, wie der Instandsetzungsanteil ermittelt werden kann, fehlen.
Vermieter können öffentliche Fördermittel in Anspruch nehmen, die sie dann bei den Modernisierungskosten abziehen müssen. Vermieter sind aber nicht verpflichtet, Fördermittel abzurufen, um mit ihrer Hilfe den Umfang der Mieterhöhung zu begrenzen.
Es fehlen eindeutige Regelungen, wann aufseiten des Mieters eine finanzielle Härte vorliegt, sodass sie die Modernisierungs-Mieterhöhung abwehren können. Zudem wird der Härteeinwand durch zwei Ausnahmefälle durchlöchert: Der Mieter kann sich nicht auf die finanzielle Härte berufen, wenn durch die Modernisierung das Haus und diese Wohnung in einen Zustand versetzt werden soll, der allgemein üblich ist oder wenn die Modernisierungsmaßnahme aufgrund von Umständen durchgeführt wird, die der Vermieter nicht zu vertreten hat, wenn sie beispielsweise gesetzlich vorgeschrieben ist. Hier besteht Handlungsbedarf.“